HANDARBEITSFIEBER II

Vor 20 Jahren, bevor der Slowfashion-Trend der Handarbeit wieder neuen Auftrieb gab, warf sie viele abschätzige Fragen auf: Ist das noch zeitgemäß? Macht die moderne, zeitgemäße Frau so etwas?

Als eine der zur damaligen Zeit sehr wenigen Informatikstudentinnen, war ich Teil eines Mentorinnen-Netzwerks, das Schülerinnen über die Chancen in MINT-Studiengängen und -Berufen informierte. Auf dem Weg zu einem Treffen mit der Mentorinnengruppe einer anderen Uni, packe ich im Reisebus mein Strickzeug aus… Und erntete völlige Unverständnis.

Handarbeit. Eine Traditionelle Frauentätigkeit. Ausgerechnet das, was den Frauen zugedacht war, während sich die Männer mit dem spannenden MINT-Bereicht befassten. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Handarbeit hat mir einfach schon immer Freude bereitet.

Heute würde ich antworten: Handarbeit ist kreativ. Man kann damit schöpfen, gestalten und sich ausdrücken. Unser Ziel ist es doch nicht die männlichen Fachidioten durch weibliche zu ersetzen. Wir Frauen wollen unsere Fähigkeiten frei entfalten und die Gesellschaft mitgestalten. Wir sollten uns nicht aus einer Einschränkung lösen, um uns eine andere selbst aufzuerlegen. Ist es nicht am lebenstauglichsten, wenn man Software programmieren und abgerissene Knöpfe annähen kann?

Nicht zuletzt würde ich die Handarbeit gerne in den MINT-Bereich mit aufnehmen. Für einen Tellerrock braucht man kein Schnittmuster, sondern die Formel zur Berechnung des Kreisumfangs.

HANDARBEITSFIEBER I

Eine ganze Weile habe ich nichts geschrieben. Nein, ich habe nicht die Lust verloren, war nicht krank und eigentlich auch nicht richtig weg. Ich habe genäht.

Genäht? Ja. Durch die Brände in Textilfabriken ist der soziale Aspekt der Modeproduktion in den Fokus gerückt. Der Corona-Lockdown hat uns deutlich vor Augen geführt, dass Mode zum saisonalen Wegwerfprodukt geworden ist. Und durch die Diskussion um den Klimawandel ist nicht nur die Wegwerfmentalität, sondern auch der Einsatz von bedenklichen Chemikalien in den Fokus gerückt. Und nicht zuletzt haben die Achtsamkeitsbewegung und der Trend zu „du bist genug“ eine Unzufriedenheit darüber ausgelöst, dass die regulären Konfektionsgrößen nur Körpern ohne Hohlkreuz, mit nicht zu dickem oder dünnem Po, nicht allzu kräftigen Armen und mit BH Cup B so richtig passen.

Das Nähen und Stricken ist wieder modern. Upcycling, Refashioning, Visual Mending, das Aufpeppen und Individualisieren mit Plots, nachhaltig produzierte Materialien, der Tausch von Materialien, die Materialverwertung bis zum letzten Rest, die geschickte Kombination von wenigen Kleidungsstücken und Accessoirs (Capsule Wardrobe), maßgefertigte Stücke und liebevolle Details wie Perlen an Hoodiekordeln, Ettiketten und anderer sogenannter Tüddelkram und die damit verbundene höhere Wertschätzung durch den aufwändigen Arbeitsprozess liegen voll im Trend. Zusammengefasst: Slowfashion.

MONSTERSCHNECKE

Ursprünglich war die Monsterschnecke als Illustration des Beitrags Kopfkarussell gedacht. Verworfen habe ich sie, weil sie sich lediglich auf einen kurz angeschnittenen Teilaspekt des Artikels bezieht, nicht aber auf das eigentliche Thema. Die finale und passendere Illustration hatte ich auch schon im Kopf. Dennoch gefällt mir die Monsterschnecke an sich gut. Sie ist ein ganz eigenes Thema.

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